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„Das Denken verändern“

In chinesischen Städten geht aller Klimaschutz von den Stadtoberen aus: Chinesische Institute versuchen zusammen mit Partnern wie der dena, das Denken der Planer von heute zu verändern, sagt Nicole Pillen, zuständig für internationale Kooperationen im Gebäudebereich der dena.

„Es gibt viele Probleme, die weder wir noch die Stadtverwaltung von heute auf morgen lösen können. Es geht uns darum, das Denken zu verändern.“

Nicole Pillen

Zum Beispiel Jingzhou: Die 6,4-Millionen-Stadt ist eines der wichtigsten Industriezentren in Chinas Binnenland, rund 900 Kilometer von Shanghai entfernt. Wir arbeiten dort mit der „Chinese Society for Urban Studies (CSUS)“ zusammen, sie ist unsere Anbindung an die chinesische Regierung. Die CSUS gehört zum Bauministerium in Peking und berät den Staatsrat der Zentralregierung sowie Städte im ganzen Land – auch wenn es darum geht, mehr für Umwelt und Klimaschutz zu machen.

Jingzhou liegt direkt am Jangtse und leidet stark unter den Folgen der Umweltverschmutzung in China, besonders der Smog aus den Kohlekraftwerken, von Autos und Fabriken trifft die Menschen dort direkt. Es gibt viele grundlegende Probleme, die weder wir noch die Stadtverwaltung von heute auf morgen lösen können. Es geht uns daher vor allem darum, das Denken zu verändern. Und dazu unterstützen wir die Initiierung und Umsetzung von Leuchtturmprojekten und Vorzeige-Kommunen.

Mehr Grünflächen geplant

Deutsch-Chinesische Eco-City Jingzhou (Projektbeginn 2016):

Die 6,4-Millionen-Metropole Jingzhou zählt zu den wichtigsten Industriezentren Westchinas und leidet stark unter den Folgen der Umweltverschmutzung. Mit dem Ziel, die nationale Pilotstadt für Eco-Cities zu werden, sollen umfassende effizienzsteigernde und klimaschonende Maßnahmen umgesetzt werden.

Themen:

  • Energieeffiziente Gebäude
  • Erneuerbare Energien
  • Wasserverbrauch
  • Öffentlicher Nahverkehr
  • E-Mobilität
  • Abfalltrennung
  • Begrünung
  • Low-Carbon-City

Jingzhou will mit unserer Hilfe die „nationale Pilotstadt für Eco-Cities“ werden. „Eco City“ bedeutet in China, dass eine Stadt sich verhältnismäßig ambitionierte Ziele bei der Energieeinsparung, der Versorgung mit erneuerbaren Energien, in der Abfallwirtschaft und im Verkehr setzt. Es geht konkret um Effizienzmaßnahmen wie erste Energieaudits, ein besseres Monitoring in der Bauphase von neuen Häusern, Green-Building-Standards und die beispielhafte Integration erneuerbarer Energien in Gebäuden. Dazu soll in Jingzhou ein Neubau-Quartier mit 305 energieeffizienten Gebäuden und zusammen 1,9 Millionen Quadratmetern Nutzfläche entstehen. Die Pläne sind für chinesische Verhältnisse ehrgeizig: Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch auf acht Prozent steigen und damit fast verdoppelt werden. Und – das ist heute in China ein wichtiges Thema – der Anteil von Grünflächen in der Stadt soll auf 42 Prozent klettern. Mit dena-Hilfe soll auch ein Museumsgebäude im Passivhausstandard gebaut werden, in dem Dämm-Knowhow und Lüftungstechnik aus Deutschland zum Einsatz kommen. Außerdem wollen wir helfen, eine hocheffiziente Wasserkläranlage zu errichten.

Leihräder im Trend

Es gibt Bereiche, in denen in China im Moment wirklich viel passiert: Leihräder werden modern, erneuerbare Energien werden ausgebaut und viele Städte wollen sich als Öko-Pioniere positionieren. Es engagieren sich dabei aber nicht lokale Bürgerinitiativen. Oft sind es Funktionäre der regierenden Partei oder Bürgermeister, die auf sich und ihre Stadt aufmerksam machen wollen. Und für sie wird sehr schnell die Frage wichtig, woher die Mittel für eine Straßenbahn, eine Kläranlage oder effiziente Gebäude kommen. Da können wir Kontakte zur KfW herstellen.

Man sieht, dass es bei den Eco-Cities in China meist um neue Viertel und Stadtteilte geht. Eine große Frage ist aber weiter, was mit den heute schon bestehenden Gebäuden passiert. Werden sie saniert? Ist das technisch überhaupt möglich? Und stimmen die vielen hundert privaten Wohnungseigentümer dem auch zu, haben sie das Geld? Oder werden diese Gebäude vielleicht schon in wenigen Jahren wieder abgerissen und durch eine neue Generation von Wohngebäuden ersetzt. Die Lebenszyklen sind kurz. Darum ist es so wichtig, heute in den Köpfen der Planer etwas zu bewegen.

Wie können deutsche Kommunen ihre Klimaschutzziele erreichen? Über Erfolge und Herausforderungen berichtet Rolf Warschun, Umweltamtsleiter der Stadt Magdeburg.

Nicole Pillen ist stellvertretende Bereichsleiterin Energieeffiziente Gebäude und leitet bei der dena die internationalen Kooperationen im Gebäudebereich.

Dieses Interview ist ein Auszug aus dem dena-Unternehmensmagazin „transition“.